Olympia heißt (noch mehr) Überwachung!

Still not loving OlympiaBerlin ist, was die Olympia-Bewerbung angeht, gerade nochmal so davon gekommen. Eine Kritik an den Olympischen Spielen ist deshalb aber nicht weniger aktuell geworden. Nicht nur, weil jetzt Hamburg auf der olympischen Abschussliste steht, sondern weil Olympia – egal wo es stattfindet – immer ein Motor zur Verschärfung von unter anderem Ausbeutung, Verdrängung, Grenzregimen und eben auch Überwachung und Repression bedeutet. Mit Letzterem beschäftigt sich der folgende Text des Seminar für angewandte Unsicherheit [SaU]

Olympia heißt (noch mehr) Überwachung!

„Auch hohe Sicherheitsvorkehrungen müssen einfach sein – das mag furchtbar sein, aber wer in dieser Welt lebt, weiß, dass es nicht anders geht.“ (Chef des Landessportbund Berlin Klaus Böger über Olympia[ref]Böger-Interview mit dem schönen Titel: „Olympia beeinflusst die Gentrifizierung nicht“ in: taz 5.12.2014 [/ref])

Olympia bedeutet Stadt im Ausnahmezustand

Was hat Olympia mit Überwachung zu tun? Auf den ersten Blick scheint die Schnittmenge zwischen Sport und Sicherheitspolitik nicht allzu groß zu sein. Schaut man sich die Vorbereitungen und Umsetzung von internationalen Großsportevents wie Olympia jedoch genauer an, wird schnell deutlich, dass ohne polizeiliche Durchsetzung und militärische Aufrüstung nichts geht.

Olympische Spiele dienen nicht nur der Umstrukturierung der jeweils betroffenen Stadt nach unternehmerischen Kriterien. Sie sind zugleich auch Anlass für die Einführung und Erprobung von neuen, sowie den Ausbau bereits bestehender Überwachungstechnologien.
Das betrifft nicht nur den Bereich der Terrorismusabwehr während der Spiele, sondern vor allem jahrzehntelange Vorbereitungsmaßnahmen der austragenden Städte, die gewaltsam durchgesetzt werden. Lange bevor eine Stadt den Zuschlag für ein Großsportevent wie die Fußball-WM oder Olympia bekommt, werden die Sicherheits- und Kontrollbefugnisse ausgeweitet und die Innenstädte militärisch aufgerüstet. Begleitet von einem globalisiertem Bedrohungs- und Terrorismusdiskurs hat Olympia damit große Auswirkungen auf die lokale Sicherheitspolitik. In der Praxis bedeutet dies vor allem die Verdrängung und Kriminalisierung von ärmeren und anderen nicht erwünschten Bevölkerungsschichten.

Militarisierung

Um eine Vorstellung zu bekommen, was „olympische Sicherheitsmaßnahmen“ bedeuten, muss man nicht bis nach Sotschi oder Bejing schauen. Bereits zur Fussball-WM der Männer in Deutschland 2006 wurden NATO-Kampfjets zur Sicherung des Luftraums bereitgestellt. Flankiert von großen Technologiekonzernen, für die Olympia ein Riesengeschäft ist, hat Olympia vor allem eine „militärische Komponente“ bekommen, wie der britische Verteidigungsminister Philip Hammond lapidar kommentierte. Was diese „Komponente“ konkret bedeutet, lässt sich am Beispiel London zeigen:

London hatte während der olympischen Spiele 2012 Helikopter der Royal Air Force im Einsatz und Kriegsschiffe auf der Themse postiert. Ein 11 Kilometer langer und 4 Meter hoher, mit Nato-Draht, Flutlicht und Überwachungskameras gesicherter Zaun umgab das Gelände des Olympischen Parks, streckenweise mit einer Spannung von 5.000 Volt geladen. An den Eingängen wurden Checkpoints mit Fahrzeugbarrieren, biometrischen Kontrollen, Personenscannern sowie Soldat_innen zu Taschenkontrollen eingesetzt. Drohnen kreisten über den Stadien und Eurofighter waren in Alarmbereitschaft. Die ca. 50.000 eingesetzten, privaten Sicherheitsleute erhielten per Gesetz Polizeibefugnisse, 13.000 Soldat_innen waren zur Sicherung eingesetzt. Flugzeugträger wurden in der Mündung der Themse stationiert, Flugabwehrraketen auf den Dächern von Privathäusern im Umfeld des Olympischen Parks installiert. Sämtliche Proteste dagegen wurden abgewehrt und der Ausnahmezustand – auch juristisch – zum gültigen Recht erklärt[ref]Quellen: http://www.tagesspiegel.de/berlin/olympische-spiele-in-berlin-allein-die-sicherheitskosten-lagen-in-london-bei-1-3-milliarden-euro/11396730-2.html und http://www.taz.de/!98092 und http://diefreiheitsliebe.de/gesellschaft/olympia-in-london-und-die-kritik-der-armen und: http://nolympia-hamburg.de/sportgrossevents-sicherheitspolitik-und-widerstand/#more-1136 und http://www.ndr.de/sport/mehr_sport/olympia3402_page-1.html und http://thebrotundspiele.tumblr.com/post/99303379560/bericht-zur-diskussionsveranstaltung und http://www.welt.de/regionales/hamburg/article137597368/Wie-Olympia-vor-Terror-geschuetzt-werden-soll.html[/ref]. Dieses Szenario wurde in Sotschi noch übertroffen: Straßensperren wurden schon Wochen vor den Spielen errichtet, Überwachungssatelliten, Drohnen und Boden-Luftraketen waren im Dauereinsatz und das Kontingent an Soldat_innen war im Vergleich zu London mit 37.000 Soldat_innen nahezu doppelt so groß[ref]Vgl. https://www.ndr.de/sport/mehr_sport/olympia3402_page-3.html[/ref].

Eingeschränkte Grundrechte

In allen olympischen Städten kommt es zu Verschärfungen und Einschränkungen von Grundrechten: Die Ausweitung von Gefahrengebieten, die schnelle Auflösung von Versammlungen oder die Verhaftungen von potentiellen Demonstrant_innen. Während der Spiele werden lokale Einsatzzentralen geschaffen, die ein schnelles Eingreifen ermöglichen.

Mit eigens geschaffenen Sonderzonen (je 2 km um jede (!) Sportstätte) wird nicht nur der Verkauf nicht IOC-lizensierter Produkte verhindert, sondern auch „Gefahrengebiete“ ausgeweitet. Protest wird damit nahezu verunmöglicht. Grundrechte wie das Versammlungsrecht werden eingeschränkt und potentielle Demonstrant_innen auch einfach mal in Haft genommen.
In London 2012 setzte das Internationale Olympische Komitee ein umfassendes Demonstrationsverbot durch. In dessen Rahmen erhielt die Polizei beispielsweise das Recht bei Verdacht auf „illegale Werbematerialien“ in Privatwohnungen einzudringen. Diejenigen Demonstrationen, die sich dennoch in die Nähe des Olympiageländes wagten, wurden eingekesselt, rabiat von Sicherheitsbehörden aufgelöst und Demonstrant_innen verhaftet.
In Sotschi beklagte Human Rights Watch 2014 die Missachtung der Rede- und Versammlungsfreiheit. Zahlreiche Menschen wurden während der Spiele verhaftet oder tagelang in Polizeigewahrsam gehalten und teilweise unter Gewaltanwendung „befragt“.
Für die Spiele in Rio de Janeiro 2016 trat bereits 2009 ein Gesetz in Kraft, das u.a. die Abtretung von öffentlichen Immobilienbesitztümern und die Überlassung von öffentlichen Räumen einführte. Es sichert ab, dass während der Spiele die „Verträge für die Nutzung öffentlicher Räume in Flughäfen oder wichtigen Bundesbereichen der Spiele in Rio von 2016“ außer Kraft gesetzt werden[ref]Quellen: http://www.taz.de/!98229 und: http://www.quetzal-leipzig.de/lateinamerika/brasilien/der-bittere-beigeschmack-der-meisterschaften-brasilien-vor-der-fusballweltmeisterschaft-und-den-olympischen-spielen-19093.html) und: http://www.hrw.org/news/2014/02/17/russia-olympic-detentions-peaceful-protesters[/ref].

Verdrängung

Ergebnis dieser Politiken ist die Verdrängung und Kriminalisierung der ärmeren Bevölkerung. Diese Politik der Verdrängung soll das Bild einer sicheren und sauberen Stadt ohne soziale Widersprüche vermitteln. Umsiedlungen von ganzen Wohnvierteln, gewaltsame Vertreibungen, Abriss auf der einen, Neubau auf der anderen Seite: Parkplätze, Shopping Malls, Handelszonen und Wohnungen im Hochpreissegment.

Die Zahlen der olympiabedingten Zwangsräumungen und Vertreibungen gehen dabei in die Millionen. Allein zwischen 1988 und 2008 wurden mehr als 2 Millionen Menschen im Zusammenhang mit der Durchführung olympischer Sommerspiele aus ihren Wohnungen vertrieben. Olympia bedeutet dabei immer Zwangsräumung und Verdrängung der Ärmsten. Diese Maßnahmen sind ohne massive Polizeieinsätze und Sicherheitsmaßnahmen nicht durchführbar. Einige Beispiele: In Atlanta wurden 1996 vor allem Obdachlose vertrieben. Fast 10.000 wohnungslose Menschen wurden innerhalb eines Jahres verhaftet. Die Polizei hatte dafür extra Formulare auf denen „African-American. Male. Homeless“ bereits vorgedruckt war und nur noch das Datum und die Anschuldigung eingetragen werden musste.
In Griechenland wurden vor allem Roma ins Visier genommen. Tausende Roma wurden infolge der Vorbereitungen, aber auch während der Sommerspiele von Athen 2004 aus ihren Unterkünften vertrieben und um ihre Infrastruktur gebracht. Selbst wo keine olympische Bebauung geplant war, wurde dies als Begründung benutzt, um einen Zuzug von Roma zu verhindern und ihre Vertreibung zu rechtfertigen. Zugesagte Entschädigungen oder Ersatzwohnungen für griechische Roma wurden nicht eingelöst.
In Brasilien wurde bereits 2011 darauf verwiesen, dass im Zuge von Fußballweltmeisterschaft und Olympischen Spielen bis zu 170.000 Menschen räumungsbedroht sind. Amnesty International kritisierte 2012 explizit die olympische Zwangsräumungspraxis. In London wurden Wohnungslose während der Spiele aus der Stadt ausgewiesen und in Kasernen konzentriert. Die Mietsteigerungen in der Stadt beliefen sich auf 23%[ref]http://www.taz.de/!98092 und: http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/2015/02/18/plakatieren-gegen-olympia und: http://ap.ohchr.org/documents/dpage_e.aspx?m=98 und: http://www.swissinfo.ch/ger/mega-sportevents-als-machtdemonstration/33238448 und: http://www.heise.de/tp/artikel/37/37346/1.html und: https://amerika21.de/2013/05/82989/zwangsraeumung-brasilien-wm und: http://files.amnesty.org/air13/AmnestyInternational_AnnualReport2013_complete_en.pdf und: http://www.ruig-gian.org/ressources/Report%20Fair%20Play%20FINAL%20FINAL%20070531.pdf und http://www.monbiot.com/2007/06/12/someone-elses-legacy/[/ref].

Olympische Spiele führen nachweisbar zu massiver Ausgrenzung, steigenden Mieten, der Verdrängung von Menschen mit geringen Einkommen und einer Zunahme von Obdachlosigkeit. In Berlin werden bereits heute täglich 22 Zwangsräumungen durchgeführt; Hamburg zwangsräumte (allein im Jahr 2012) 1590 Wohnungen[ref]http://www.hinzundkunzt.de/zwangsraeumungen-hamburg-fachstellen und hier: http://www.bagw.de/de/themen/zahl_der_wohnungslosen/index.html[/ref], das sind mehr als vier Zwangsräumungen pro Tag[ref]Vgl. taz v. 18.1.2015[/ref].

Olympische Sicherheitspolitik in Berlin und Hamburg

Die offizielle Politik hält sich bisher noch zurück, was die geplanten „Sicherheitskonzepte“ für die olympischen Spiele betrifft. Dennoch frohlockte die „Deutsche Polizeigewerkschaft“ (DpolG) bereits vor der Auswahl über eine zukünftige Aufrüstung ihrer Ausstattung und unterstützte tatkräftig die Olympia-Bewerbung.
Was wir bezüglich des Umgangs mit Olympia-Protesten zu erwarten haben, wird nicht nur deutlich, wenn wir uns anschauen, wie bereits in den 1990ern in Berlin[ref]Vgl. http://www.left-action.de/aok/html/texte/links/olympiaberlin93.htm[/ref] und Hamburg[ref]Vgl. http://de.indymedia.org/2003/03/46686.shtmlhttp://de.indymedia.org/2003/03/43866.shtml oder https://www.hamburg.de/innenbehoerde/archiv/232022/hamburgs-olympia-bewerbung-im-fokus-linksextremisten-artikel[/ref] mit olympischem Widerstand umgegangen wurde. Auch bei den aktuellen Protesten sind Erkennungsdienstliche Behandlungen auf Kundgebungen, Ingewahrsamnahmen und Kriminalisierung schon jetzt an der Tagesordnung[ref]Siehe dazu auch: http://olympiaverhindern.blogsport.de/anti-repression[/ref]. Die Anwesenheit von Zivilpolizisten der Sondereinheit PMS (Politisch motivierte Straftaten) im Publikum der Berliner Beteiligungs-(Simulations-)Veranstaltungen[ref] z.B. Stadtöffentliches Bürgerforum „Olympische und Paralympische Spiele 2024 – Was will Berlin?“ am 12. Februar 2015 im E-Werk[/ref] verweisen auf das derzeitige Verständnis von Demokratie unter repressiven Bedingungen, indem Bürger_innen-Beteiligung wie selbstverständlich vom polizeilichen Staatsschutz überwacht wird.

Der Berliner Innenausschuss „passte“ einen Tag vor der Veröffentlichung der Forsa-Umfrage-Werte zur Olympiabegeisterung noch schnell das Polizeigesetz „an“[ref]U.a. wurde die Länge des „Unterbringungsgewahrsam“, mit dem potentielle(!) „Störer_innen“ eingesperrt werden, wenn „… das unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern“ (Berliner ASOG §30), von zwei auf vier Tage verdoppelt. Innensenator Frank Henkel (CDU) fehlte zur Abstimmung – passenderweise wegen einer einer Olympia-Werbe-Veranstaltung…[/ref], und Staatssekretär Bernd Krömer rechtfertigte die Verschärfung mit dem Hinweis, diese sei sinnvoll beispielsweise am 1. Mai, bei Staatsbesuchen oder bei Fußballspielen. Olympia musste er gar nicht erwähnen, insofern es sich dabei ohnehin um eine Mischung aus Fußballspiel, Staatsbesuch und 1. Mai handelt. Auf diese Erfahrungswerte beruft sich auch die Stadt Hamburg. Schließlich haben die Sicherheitsorgane unter anderem mit dem jährlichen Hafengeburtstag bereits umfangreiche Erfahrungen bei der „Bewältigung“ von Großevents gesammelt[ref]Vgl. http://www.juramagazin.de/154352.html[/ref].

Bereits Anfang der 2000er Jahre wurde in einem Senatsantrag im Zusammenhang mit der Hamburger Olympia Bewerbung 2012 darauf verwiesen, dass es „darauf ankomm[t], politische Demonstrationen und Kundgebungen als Bürgerrecht mit der Planung und Durchführung der Olympischen Spiele zu vereinbaren“[ref]Dies und im Abschnitt folgend zitiert nach: http://www.juramagazin.de/154324.html und folgende Seiten.[/ref]. Der Einsatz privater Sicherheitsorgane wurde dort ebenso vorausgesetzt wie eine enge Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz. Und obwohl damals eine „kurzfristige Auswertung des Demonstrationsgeschehens in Hamburg in den vergangenen 5 Jahren“ ergeben habe, dass „mehr als 99 % aller in Hamburg stattgefundenen Demonstrationen […] friedlich verliefen“, wäre nicht völlig auszuschließen, „dass bereits die Olympiabewerbung für die linksextremistische Szene in Hamburg zu einem Thema“ würde und trotz der „Schwäche der ‚autonomen Szene‘ Demonstrationen mit möglicherweise auch gewalttätigem Verlauf und einzelne Sachbeschädigungen nicht gänzlich auszuschließen“ seien[ref]Wie üblich auf dem rechten Auge blind, wurde im selbigen Beschlusspapier – ein knappes Jahr nach der Ermordung von Süleyman Taşköprü am 27. Juni 2001 in Hamburg durch das rechtsterroristische Netzwerk „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) – zum Thema Extremismus noch folgende Stellungnahme angefügt: „Anzeichen für die Existenz eines rechtsextremistischen Terrorismus sind weder in Hamburg noch im übrigen Bundesgebiet vorhanden.“[/ref]. Die Folge solcher Einschätzungen sind Kriminalisierung von Kritik und Protest.

Dienstmütze statt Helm?

Eine Polizeigesetzänderung wie jetzt in Berlin dürfte hingegen schlicht nicht (mehr) nötig sein – Hamburg hat bereits eines der „schärfsten“ Polizeigesetze[ref]Vgl. z.B.: https://systemausfall.org/rhhh/sites/systemausfall.org.rhhh/files/polizeigesetz.pdf[/ref]: So dürfen in Hamburg potenzielle Gewalttäter_innen bis zu zwei Wochen festgehalten werden[ref]http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2015/03/abgeordnetenhaus-berlin-debattiert-ueber-polizeigesetz.html[/ref]. Auch weitere Sicherheitskonzept-Maßnahmen dürften Hamburger_innen bereits vertraut sein: Die von der Polizei selbst legitimierten Gefahrengebiete[ref]Die „Gefährlichkeit“ der Orte bestätigt sich durch die Kontrolle selbst. Vgl. Christian Schröder in CILIP/ Bürgerechte & Polizei Nr. 106: http://cilip.de/2014/10/05/gemeingefaehrlich-gefahrengebiete-bescheren-der-polizei-sonderbefugnisse[/ref], in denen jede/r Bürger_in verdachtsunabhängig überprüft – und in der Folge mit Aufenthaltsverboten, Platzverweisen, Ingewahrsam- und Festnahmen belegt werden darf[ref]Angemerkt sei, dass zwar „jede Bürgerin“ verdachtsunabhängig kontrolliert werden darf, dieses in der Praxis aber vor allem bedeutet, dass vor allem „bestimmte“ Personen kontrolliert und stigmatisiert werden – entsprechend der polizeilichen Definition gefährlicher Orte, deren Zielsetzung es u.a. ist „unerwünschte soziale Gruppen zu vertreiben“. Vgl. ebd. oder bspw. auch hier: http://www.grundrechte-kampagne.de/aktuelles/racial-profiling[/ref]. Es ist davon auszugehen, dass die „allgemeine ‚Präventionsorientierung‘ der Polizei“ zu einer weiteren Vorverlagerung polizeilicher Aktivitäten führt.

Für die aktuelle Bewerbung liegt noch kein Sicherheitskonzept vor. Allerdings orakelt der Senat derzeit eine „Strategie zurückhaltender Polizeipräsenz“ herbei und setzt angeblich „auf die Dienstmütze statt Helm, auf das Diensthemd statt auf die schusssichere Weste“[ref]http://www.abendblatt.de/sport/article205250537/Olympia-Gegner-mobilisieren-fuer-Protest-gegen-die-Spiele.html[/ref]. Wie wenig wahrscheinlich dies sein wird, lässt sich anhand der nun aufkommenden Interessen leicht erkennen: Auch die Hamburger Behörden sehen Olympia als Chance, die Technik und Infrastruktur von Polizei und Feuerwehr zu modernisieren, Technologiekonzerne wie Siemens oder Samsung träumen von Hamburg als der zukünftigen „digitalen Smart City“[ref]http://nolympia-hamburg.de/wir-sind-alle-gewinner-ein-kommentar-zu-hamburgs-olympischer-stadtpolitik[/ref] und möchten die Spiele als eine Art „Showroom“ für neue Technik nutzen. Und auch die Vorgaben des Internationalen Olympischen Komitees sind mehr als deutlich: Es möchte „ganz Hamburg monatelang zu einem Sperrgebiet machen“[ref]https://www.taz.de/!144464[/ref]. Auch ein (seit 2012 durch die Hintertür legitimierter[ref]Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2012: http://www.bverfg.de/entscheidungen/up20120703_2pbvu000111.html[/ref]) Einsatz der Bundeswehr im Innern ist mehr als wahrscheinlich. Großsport-Events sind ohne rigide „Sicherheitskonzepte“ nicht mehr vorstellbar[ref]So bspw. DOSB-Generalsekretär Michael Vesper zu den Sicherheitsmaßnahmen in und um Sotschi : „Ich kann nur sagen, die Sicherheitsmaßnahmen sind absolut angemessen, die wir hier Tag für Tag erleben. Ich habe in London teilweise sehr viel eher härtere Sicherheitspraktiken erlebt, als ich das hier erlebe. Und ich muss noch mal sagen: ich unterstreiche: Sicherheit ist notwendig. Es ist Aufgabe der Gastgeber, Sicherheit zu gewährleisten. Das ist in unser aller Interesse.“ https://de.screen.yahoo.com/dosb-zieht-halbzeitbilanz-sotschi-082350406.html[/ref] und verschärfen bereits existierende sicherheitspolitische Maßnahmen. Erwartungsgemäß wird auch Hamburg, das belegen sämtliche Austragungsorte der letzten Jahre, zu einem Hochsicherheitstrakt mit drastisch eingeschränkten Rechten ausgebaut.

Mit Olympischen Spielen wird der Ausnahmezustand zum gültigen Recht, eine Militarisierung der Innenstädte etabliert und Stadtumstrukturierungsmaßnahmen werden zum Nachteil ärmerer Bevölkerungsschichten durchgesetzt.

Für alle, die etwas gegen das Einstampfen der letzten Reste demokratischer Beteiligung und den Ausbau von Sicherheitsstaat, Massenüberwachung, Polizeigewalt und undurchsichtigen Geheimdienstaktivitäten haben, heißt es aus guten Gründen:

Olympia verhindern, in Berlin, Hamburg, Boston und überall!

Informiert Euch:
www.nolympia-hamburg.de
www.etwasbesseresalsolympia.org